Ein Nein schafft Platz zum Wachsen
09.11.2015
Wir können es nicht allen recht machen. Und trotzdem versuchen wir es immer wieder. Ist doch seltsam, oder? Jeder weiß, dass Nein sagen total wichtig ist, aber die meisten tun sich unheimlich schwer damit.
Deshalb bin ich sehr froh, dass Katrin Klemm von Bella4Business eine Blog-Parade zum Thema Nein-Sagen ins Leben gerufen hat, und ich meinen Senf dazu geben kann.
Die Ich-kann-nicht-nein-sagen-Krankheit betrifft nämlich auch viele Selbständige, die sich damit jedoch enorm Wachstumschancen verbauen können. Denn wer immer nur Ja sagt zu den Wünschen, Erwartungen und Bedürfnissen anderer, für den bleibt kein Platz für ein Ja - natürlich in erster Linie zu sich selbst, zu eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Aber auch ganz bewusst zu anderen, wenn man es wirklich will.
Wenn man selbständig ist, möchte man meist vor allem eines – wachsen. Im Sinne von sich weiterentwickeln. Paradoxerweise ist jedoch dieses Wachstum nicht am besten über immer noch mehr Kunden und Aufträge am besten. Auch nicht, wenn man vorhat, Mitarbeiter einzustellen oder freie Mitarbeiter zu beschäftigen.
Manchmal machen uns bestimmte Dinge plötzlich keinen Spaß mehr. Oder sie machen gerade Spaß, und wir wollen mehr Zeit damit verbringen. Oder wir ziehen mit bestimmten Leistungen immer wieder schwierige Kunden an, die uns nicht wertschätzen oder die erst spät oder gar nicht zahlen. Oder die Leistung an sich ist schlecht bezahlt, weil der Wettbewerb hier besonders hoch ist. Das ist bei unspezialisierten Leistungen häufig der Fall, die Selbständige am Anfang ihrer Selbständigkeit oft anbieten, weil sie erstmal ihren Platz im Markt finden müssen. Aber mit fortschreitender Selbständigkeit kristallisieren sich oft Dinge heraus, die man besonders gut kann oder die besonders viel Spaß machen. Und allen anderen Dingen sollten wir den Rücken kehren. Dann ist es an der Zeit, uns gegen eine Leistung und damit für eine andere zu entscheiden.
Manchmal muss man sich auch von Kunden trennen, weil deren Abläufe anders sind, als die eigenen, oder eben aus oben genannten Gründen – weil sie unsere Arbeit nicht wertschätzen oder wir ihre Anforderungen nicht erfüllen können oder wollen (z. B. auch Termindruck).
Man kann als Selbständiger noch zu vielen anderen Dingen nein sagen: zu bestimmten Produkten, die man nicht in den Shop aufnehmen will, auch wenn sie gerade hipp sind, zur neuesten Technik, die man aber nicht unbedingt einsetzen will, weil man nicht jeden Trend mitmachen möchte, zu alten, eingefahrenen Gewohnheiten oder Tools, die einen nur Zeit oder Energie kosten ...
Der schwierigste Schritt ist nach meiner Erfahrung, den Zeitpunkt zu erkennen, an dem es richtig ist, Abschied zu nehmen (bzw. von vornherein nein zu sagen). Sich selbst einzugestehen, dass es so nicht weitergehen kann. Ein bißchen schuld ist auch immer das schlechte Gewissen, das einem einredet, so schlimm ist es doch nicht. Ich kann doch Kunden nicht einfach wegschicken. Oder einen Auftrag ablehnen. Wie undankbar ist das denn? Ich sollte doch froh sein, dass jemand mich buchen will! Und habe ja auch eine gewisse Verantwortung, der Kunde braucht mich doch. Das jedenfalls sind die Stimmen, die sich bei mir regelmäßig melden, wenn ich eigentlich zum Nein neige.
Wenn wir schon mal bei mir sind - bei mir hat es sich oft gerächt, wenn ich die leise Stimme, die mir zum Nein riet, ignorierte. Projekte, die sich wie Kaugummi zogen, die am Ende viel mehr Aufwand machten als gedacht, oder in unbezahlten Rechnungen mündeten, all das hat sich oft schon vor der Auftragserteilung ganz leise angekündigt.
Wenn ich es aber doch getan habe, manchmal behutsam, manchmal zugegeben wie der Elefant im Porzellanladen, dann hat sich nach dem anfänglichen Schock über die eigene Courage ein tolles Gefühl breit gemacht. Ich habe mich für mich selbst eingesetzt. Das schafft neues Selbstvertrauen. Und es schafft Platz für Neues.
Wer Angst davor hat, andere zurückzuweisen, weil er sie nicht verletzen will, der ist etwas zu nett und rücksichtsvoll - auf eigene Kosten. Am Ende verletzt er sich selbst. Schauen Sie den Knirps auf dem Foto oben an. Nehmen Sie sich Kinder zum Vorbild. Die können noch Nein sagen, und wie!
Irgendwo habe ich mal den Satz gehört, jede Lücke, die man schafft, wird vom Universum wieder gefüllt. Ganz automatisch, und oft von etwas Besserem als vorher da war. Und das stimmt wirklich, ich kann Sie nur ermutigen, das selbst mal auszuprobieren.
Aber ganz wichtig, und das darf man nicht verwechseln: Auch das Ja-Sagen erfordert manchmal Mut. Wenn eine Anfrage zu einer neuen Leistung kommt, die Sie noch nicht gemacht haben, und Sie instinktiv nein sagen wollen, schauen Sie nochmal genauer hin. Würden Sie es gern machen, haben aber Angst, die Anforderungen des Kunden nicht zu erfüllen? Angst vor der Herausforderung, vor dem Wachstum?
Übrigens – im letzten Jahr gab es bei Uta Nimsgarn die No!vember Challenge – nein sagen im November. Und das passt doch.
Und einen Buchtipp habe ich jetzt auch noch: „Lebe wild und unersättlich“ von Sabine Asgodom. Eine der 10 Freiheiten, die Sie für Frauen beschreibt, lautet „Ich darf nein und ja sagen“. Und ja. Genau!
Kategorien: Aus dem Nähkästchen | Schlagworte: Blog-Parade, Loslassen, Wohlfühlen
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Kommentare
Jan Holznagel von https://www.Aufkleber-Land.de/ sagt:
09.04.2017 um 20:19 Uhr
"Nein" ist ein Wort, dass es in meinem Repertoire nicht gibt! Wir leben in einer Welt, in der beinahe alles möglich ist. Vieles ist einfach nur eine Frage des Preises! Fragt mich ein Kunde, ob ich ihm ein Werbeschild auf dem Mond montieren kann, werde ich nicht "Nein" sagen. Ich werde ihm ein Angebot unterbreiten, das es mir auf jeden Fall erlaubt, die NASA zu bitten, mich bei meinem Anliegen zu unterstützen. ;-) Ist es dem Kunden Ernst, können wir dann über den konkreten Preis verhandeln. Ein Händler, der mich mit einem "Nein" konfrontiert, wird kaum einem Auftrag von mir bekommen. Es sei denn, er verpackt das "Nein" in ein "ja, aber..." Ich will nicht wissen, ob es geht... ich will nur wissen, was es kostet! Klar ist das jetzt überspitzt. Es gibt Sache, die unmöglich sind. Von einem Anbieter erwarte ich aber, dass er sich Mühe gibt. Ich erwarte, dass er mal über den Tellerrand schaut. Ich erwarte NICHT, dass ein Anbieter sich selbst aufgibt. Aber ein einfaches "Nein" halte ich für problematisch... ;-)
Antworten
Bettina Ramm sagt:
10.04.2017 um 08:44 Uhr
In dieser Hinsicht haben Sie natürlich recht - in erster Linie sind außergewöhnliche Kundenanfragen, die über das normale Repertoire hinausgehen, ja oft auch eine große Chance. Man begibt sich auf neues Terrain und kann sich so oft auch neue Märkte erschließen. Als Dienstleister muss man hier natürlich aufpassen, denn oft verkauft man seine Zeit und davon hat man in aller Regel ja nur begrenzte Mengen. Darum muss man damit sehr bewusst umgehen und eben auch mal was ablehnen, was gar nicht zur Kernkompetenz gehört. So haben wir schon vor langer Zeit beschlossen, Wordpress nur noch auf Anfrage und nur noch für bestehende Kunden anzubieten. Die Gefahr der Verzettelung wird sonst zu groß. Das Ja oder Nein geht aber noch viel weiter und betrifft nicht nur das Angebot. Wir werden heutzutage mit tausenden Möglichkeiten bombardiert und müssen ständig Entscheidungen treffen: Lese ich diese Zeitschrift, abonniere ich diesen Newsletter? Entscheide ich mich für Adwords, für Affiliate, oder bringe ich einen Newsletter heraus? Auch das kostet Zeit und bindet Ressourcen, und hier braucht man oft auch Mut und Klarheit, um manche Dinge, die "man" eben tut, nicht oder anders zu machen. Insofern mutige Grüße :)